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26.04.2021
Online-Regionalversammlung in Schwaben
Am 07.04.2021 lud der Regionalverband Schwaben zur ersten Online-Regionalversammlung ein.
Der Einladung von Benedikt Spieler und Walter Albrecht sind rund
zwei Duzend schwäbische Wildhalter gefolgt und nahmen virtuell am Abend des 07.
April bei der Versammlung des Regionalverbands Schwaben teil. Über die schwäbischen
Teilnehmern hinaus wählten sich auch bayerische Spitzenvertreter aus Politik
und Ministerium ein. Für ein Grußwort erklärte sich Landtagsabgeordneter, stellvertr.
Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt und Verbraucherschutz und Wildhalter
Eric Beißwenger bereit. Vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten wählte sich Frau Ministerialrätin Dr. Regina
Eberhart ein. Vom Landesverband nahmen der Vorsitzende Max Weichenrieder und
sein Stellvertreter und Oberpfälzer Vorsitzender Martin Biegerl sowie der seit
Januar 2020 tätige Landesgeschäftsführer Philip Bust teil.
Vor dem Grußwort führte Wildhalter Walter Albrecht in die
zunehmenden Spannungsfelder der Wildhaltung ein. Die Verbraucher wünschen sich
als Haltungsform von Tieren die extensive, ganzjährige Freilandhaltung aus der
Region. Die Wildhaltung in Bayern deckt sich exakt mit diesen Wünschen der
Verbraucher. Getrübt wird dieser Wunsch durch zunehmende Herausforderungen
denen sich die Wildhalter stellen müssen. Beim Bau von neuen Gehegen bzw. der Erweiterungen
von bestehenden Gehegen wird den landwirtschaftlichen Wildhaltern oftmals die
Wirtschaftlichkeit abgesprochen. Aber genau diese ist die Grundlage für ein
privilegiertes Bauen im Außenbereich. Auch die Vorschriften beim Schlachten
werden bei unseren bäuerlichen Familienbetrieben kontinuierlich erweitert,
obwohl es bei genau diesen Betrieben in der Vergangenheit keinen Anlass dazu
gab. Und nun müssen die Wildhalter noch die erheblichen Kosten des
Herdenschutzes aufgrund der Wiederansiedlung des Wolfes übernehmen.
Insbesondere trifft dies die Wildhalter aufgrund des lediglich einjährigen
Förderzeitraums von Herdenschutzinvestitionen bei standorttreu werden eines
Wolfes und bei den erheblichen Betriebs- und Unterhaltskosten in der Folge zu.
Eric Beißwenger bestätigt in seinem Grußwort die
Ausführungen von Albrecht bezüglich des hohen Stellenwertes der Wildhaltung bei
Verbrauchern. Auch er könne bestätigen, wie die Besucher den Anblick Tiere in
seinem Gehege im Allgäu schätzen und gleichzeitig die artgerechte Haltungsform
in Augenschein nehmen können. Für die von
Walter Albrecht beschriebenen Herausforderungen bot Herr Beißwenger an, sich im
konkreten Fall gerne direkt an ihn zu wenden. Er würde dann vermitteln. Bei der
Schlachthygiene sprach er sich unabhängig von der Betriebsgröße für sehr hohe
Standards aus. Beim Wolf berichtet Herr Beißwenger, vom Vorstoß der Bayerischen
Landwirtschaftsministerin Kaniber aufgrund der jüngsten Ereignisse und bietet
den Wildhaltern ebenfalls Unterstützung an.
Landesgeschäftsführer Philip Bust stellte sich anschließend
den Teilnehmern vor. Seit Januar 2019 arbeitet Bust für den Bayerischen
Bauernverband und ab Anfang 2020 übernahm er darüber hinaus die Geschäftsführung
des Landesverbands.
Herr Bust erläutert in seinem Vortrag die Anpassung des
EU-Fleischhygienerechts bezüglich der Übernahme der „28-Tageregelung“ vom
nationalen Recht in EU-Recht. Weiterhin zu unterscheiden sind die
unterschiedlichen Haltungsformen von Farmwild und ähnlich frei lebendem Wild.
Die Neuregelung gilt nur bei der Haltung als Farmwild. Standardmäßig gelte für
Farmwild die 3-Tage-Regel zwischen Lebend- und Fleischbeschau. Bei Betrieben
mit weniger als 50 Schlachttieren im Jahr können bis zu 28 Tage zwischen Lebend-
und Fleischbeschau verstreichen. Allerdings ist hierfür ein einmaliger Antrag
bei der Kreisverwaltungsbehörde einzureichen. Neu ist auch, dass der bisherige
runde Fleischbeschaustempel durch die neue EU-weite Regelung nicht mehr
notwendig ist. Nun kann auch bei dieser 28-Tage-Regelung einheitlich mit dem
ovalen EU-Stempel das Fleisch kenntlich gemacht werden.
Stefanie Waritschlager, Referentin beim Bayerischen
Bauernverband, kämpfte sich in Ihrem Vortrag durch den Dschungel der bei der
Direktvermarktung anzuwendenden Vorschriften. Und diese Vorschriften, sind
vielseitig. Die Vorschriften beginnen bei der Gewerbeordnung, dem Steuerrecht, dem
Handwerksrecht, dem Produkthaftungsgesetz bis zum Baurecht, um nur einige zu
nennen. Zur Auslegung der Gewerbeordnung ist die Betrachtung der Verarbeitungsstufen
vorzunehmen. Werden nur Hälften oder Viertel des Tieres verkauf (erste
Verarbeitungsstufe) und der Umsatz zugekaufter Waren überschreitet 10% nicht,
ist davon auszugehen, dass der Betrieb der Landwirtschaft und keinem Gewerbe
zuzuordnen ist. Im Steuerrecht ist als Wertgrenze für einen Gewerbebetrieb
vorrangig die Wertgrenze des Umsatzes von 51.500 Euro im Jahr relevant. Im
Handwerksrecht (Meisterpflicht) ist wiederrum relevant, ob die
Handwerkstätigkeit über einen der Landwirtschaft zuzuordnenden Nebenbetrieb in unerheblichen Umfang
hinausgeht. Frau Waritschlager blieb den Teilnehmern auch die Informationen zum
in letzten Jahren intensiv diskutierten Recht zur Kassenführung nicht schuldig.
In ihrem Vortrag erläuterte sie, dass neben Registrierkassen auch offene
Ladenkassen nach wie vor geführt werden können. Die notwendigen Aufzeichnungen
sollen zum Beispiel mit einem Kugelschreiber handschriftlich erfolgen, da
hiermit eine spätere Veränderung nicht möglich ist. Damit halten diese
Aufzeichnungen einer Überprüfung durch die Finanzbehörden stand. Zum
Produkthaftungsgesetz weist die Spezialistin vor allem auf die Dokumentation
hin. Ist zum Beispiel die Kühlkette über eine Dokumentation der Kühltemperatur
lückenlos nachweisbar, kann bei eventuellen Reklamationen und Überprüfungen die
einwandfreie Abgabe der Waren nachgewiesen werden. Nach der
Lebensmittelinformationsverordnung müssen vorverpackte Lebensmittel durch die
Bezeichnung des Lebensmittels, Zutaten, Allergene, Nettogewicht, Mindesthaltbarkeit
und Name und Anschrift des Lebensmittelunternehmers gekennzeichnet werden.
Werden Lebensmittel im selben Tag im Laden verkauft, gelten für die
Kennzeichnung von Verpackungen verminderte Anforderungen.
Nach dem Fachvortrag von Frau Waritschlager blieb es ähnlich
spannend bei den Ausführungen zum Herdenschutz gegen den Wolf. Herr Zettler,
Fachberater beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Pfaffenhofen,
erläuterte die bayerische Förderrichtlinie. Zu Beginn stellte Herr Zettler
durch Bilder von den Wolfrissen in Oberfranken den Teilnehmern anschaulich dar,
wie der Wolf die Gehegezäune untergräbt. Herr Zettler erläutert, dass zukünftig
neben dem Zaun, der das Wild vom Entweichen aus dem Gehege hindert, auch ein
gesonderter Schutz gegen das Eindringen von Wölfen notwendig wird. Gefördert
werden Herdenschutzmaßnahmen nach der bayerischen Förderrichtlinie innerhalb
der sogenannten Förderkulissen. Diese Förderkulissen sind vom Landesamt für
Umwelt ausgewiesene Gebiete, in denen sich der Wolf standorttreu aufhält. Die
Förderrichtlinie gibt vor, dass bei Ausweisung der Förderkulissen innerhalb
eines Jahres die Investitionen für den Herdenschutz gefördert werden können. Bei
den geförderten Schutzmaßnahmen gegen Untergraben des Gehegezauns werden drei
Maßnahmen unterschieden: Elektrolitzen, ausgelegte und mit Heringen befestigte
Zaunschürzen oder ein im Erdreich eingelassener Zaun. Alle Maßnahmen sind am äußeren
Fuß des Gehegezauns vorzunehmen. Als Standardmaßnahme wird bei der Prüfung der
Fördervoraussetzungen der Elektrozaun favorisiert. Alle anderen Maßnahmen
müssen bei der Beantragung der Förderung gesondert geprüft werden und können
nur in Ausnahmenfällen zur Anwendung gefördert werden.
Während des Online-Vortrages von Herr Zettler füllte sich
bei dem für die Wildhalter existenziellen Thema Wolf der begleitenden Chat mit
Fragen. Trotz der Emotionen der Wildhalter wurden die Fragen sehr sachlich
gestellt. Auf die Frage der Dauer bis zur Ausweisung von „nicht zumutbar
zäunbaren Gebiete“ antwortet Frau Dr. Eberhard vom Staatsministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten, dass als erster Schritt die Einstufung in
Modellregionen im Allgäu und in Garmisch über das Online-Tool IBALIS möglich
ist. Eine belastbare Abgrenzung würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, da
auch vor Gericht belastbare Abgrenzungen zu finden sind. Ebenso wurden die
Unterhalts- und Betriebskosten des Herdenschutzes thematisiert. Nach Auskunft
von Herrn Zettler sieht die aktuelle Förderrichtlinie dafür keine Förderung für
diese Kosten vor. Martin Biegerl wies in einem kurzen Statement darauf hin,
dass die eng geschnittenen Förderkulissen dazu führen, dass an Wolfsgebiete
angrenzende Wildgehege nicht von der Förderung profitieren können und sich
somit der Herdenschutz wirtschaftlich schwierig gestaltet. Frau Dr. Eberhart
wies auch nochmals klarstellend darauf hin, dass durch die Fachberater eine Vor-Ort-Beratung
zum Herdenschutz aufgrund der Menge von Anfragen und begrenzten Ressourcen der
Fachberater nicht gewährleistet werden kann.
Abschließend gab Walter Albrecht noch einige Impulse zur
Vermarktung des begehrten Gehegewildes. Mund-zu-Mund-Propaganda ist bei den
regionalen Produkten eine der wirksamsten Arten von Werbung. Gehege- und
Hofschilder geben das Seine dazu. Natürlich muss das Erscheinungsbild des
Betriebes potentielle Kunden einladen. Nachhaltige Kundenbeziehungen müssen
gepflegt werden. Und zu guter Letzt kann ein gutes Produkt dann auch seinen
Preis haben.
Benedikt Spieler bedankt sich nochmals bei allen Referenten,
Wildhaltern und Gästen und schließt die virtuelle Versammlung.
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